Wer kann sich noch aller an den Skiflug-Weltrekord von Stefan Kraft 2017 in Vikersund erinnern? Damals segelte Stefan auf unglaubliche 253,5 Meter, niemals ist ein Skispringer weiter geflogen als der sympathische Salzburger. Seit Mitte der Woche sind ich und mein Team wieder am Ort des Geschehens, um den Monsterbakken in Vikersund für die Raw Air sprungtauglich zu machen. Die Bilder von „Krafti“, wie er von seinen Teamkollegen genannt wird, tauchen genau dann immer vor meinem geistigen Auge auf, wenn wir das Feintuning an der Spur machen, um eben solche perfekten Bedingungen zu schaffen, die unmögliches möglich machen. So auch diese Tage.
Mir stellt sich dann die Frage, ob wir überhaupt jemals einen weiteren Flug sehen werden. Die Vorzeichen dafür stehen meines Erachtens leider schlecht, um nicht zu sagen, dass es nahezu unmöglich geworden ist, diesen Rekord in der beschaulichen Stadt im Süden Norwegens zu knacken.
Denn was viele Leute und selbst Skisprungbegeisterte nicht wissen: Die Schanzenparameter sind seit damals substanziell verändert worden. Der Absprungwinkel am Schanzentisch wurde um 0,5 Grad flacher, aliquot dazu verhaltet sich die Flugkurve. Das macht das Skifliegen in Vikersund zwar sicherer, der Sprung verliert etwas an Höhe. Jedoch geht eine der wichtigsten Sachen verloren: Die Jagd nach Höchstweiten.
Das Verschieben der Grenzen des Menschenmöglichen ist ein wichtiger Bestandteil unseres Sports, um die Spannung aufrecht zu erhalten.
Das möchte die FIS anscheinend verhindern, die Sicherheit soll vorgehen. Flugkurven werden flacher, die Sprünge gehen dadurch nicht mehr so weit.
Selbst wenn das Material stetig optimiert wird, die Wetter-, Wind- und Luftbedingungen perfekt sind und Anlauf und Schanze bestmöglich präpariert sind, werden wir in Vikersund keinen neuen Weltrekord mehr sehen. Das zumindest ist meine Meinung.
Wie steht ihr zu diesem Thema? Wohin soll sich eurer Meinung nach der Sport entwicklen?
Wir für unseren Teil arbeiten zielstrebig weiter, um die besten Anlaufbedingungen für Höchstgeschwindigkeiten zu schaffen. Vielleicht irren wir uns dann doch irgendwann mit dem „Weltrekord für die Ewigkeit“…ich würde es mir auf jeden Fall, im Sinne des Sports, wünschen.
Euer Peter Riedel