Jetzt sind bereits einige Tage seit dem Ende der nordischen Ski-WM in Trondheim vergangen und ich komme endlich dazu, mich hinzusetzen und meine Gedanken niederzuschreiben. Wenn ich einen Satz zum Einstieg wählen müsste dann wäre es wohl „Was war das für eine WM, was waren das für norwegische Wasserspiele!“
Und das vor allem in jeglicher Hinsicht. Wobei ich mich hier und jetzt auf alles, was uns als Schanzenteam betrifft, konzentrieren will. Die andere, nicht so erfreuliche Thematik, die zum Schluss aufgekommen ist, müssen andere bewerten und vor allem beurteilen. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt aber so oder so.
Doch nun zurück zu uns. Zugegeben, so eine Weltmeisterschaft habe ich in meiner Laufbahn als Spur- und Schanzenkonstrukteur noch nicht erlebt. Und wir haben schon so manche Veranstaltung umgesetzt. Aber dass es von Tag eins an regnet und die Temperaturen sich so gut wie nie unter die Null Grad Grenze bewegen, ist mir noch nie untergekommen. Dauerregen gepaart mit orkanartigen Sturmböen grüßten täglich wie anno dazumal das Murmeltier. Wenn wir ob der widrigen Bedingungen nicht fast schon lachen mussten, hätten wir wohl jeden Tag losgeweint.
Bei jeder Veranstaltung ist es unsere Hauptaufgabe, vom ersten bis zum letzten Springer perfekte und vor allem faire Bedingungen im Anlauf zu gewährleisten. Dafür werden wir engagiert und dafür stehen wir ein. Doch bei diesem Wetter, gepaart mit dem dicht gedrängten Zeitplan mit insgesamt 13 Medaillenentscheidungen war das alles andere als leicht. Das Leben ist kein Wunschkonzert und so nahmen wir auch diese Herausforderung an.
Das ständig wechselnde und teilweise wirklich schauderhafte Wetter war zweifelsohne unser größter Gegner. Der Regen prasselte runter, hinzu kamen Windspitzen von bis zu 150kmh, die sprichwörtlich das Wasser in die Anlaufspur wehten. Meine Hauptaufgabe war es irgendwann nur mehr, meine Mitarbeiter mit trockener Kleidung und Regenponchos zu versorgen. Denn stundenlang durchnässt arbeitet es sich dann doch nicht so angenehm, auch wenn die Jungs aus wirklich hartem Holz geschnitzt sind.
Der Regen ist so lange kein Problem, solange er durch die Längsrillen abfließen kann. Wirklich interessant wurde es dann aber, als die Temperaturen fielen und der berühmte Null-Grad Schnee vom Himmel fiel. Zu nass, als dass die Spurbläser ihn aus dem Anlauf bekamen, aber doch zu fest, dass er schmilzt und abrinnt. Der Supergau für jede Veranstaltung, vor allem bei einer WM, wo ein gewisser Druck besteht, den Wettkampf doch durchzubringen. Mir war es selber ein Rätsel, dass alles so perfekt lief und wir fast keine Unterbrechungen wegen der Bedingungen im Anlauf hatten.
Das alles war unserem internationalen Team, das durch die Bank aus Experten in ihrem Fach besteht, geschuldet. Das Know How aus unterschiedlichen Bereichen spielte blind zusammenspielt. Stahlbau, Frästechnik, Eisspezialist - alles griff ineinander. Erstmals kam bei dieser WM auch neueste Technik zum Einsatz. Eine neu entwickelte Mess- und Steuerungstechnik, die wir gemeinsam mit dem Kühlanlagenspezialisten Daikin entwickelten und implementierten. Die Technik erlebte im Granasen-Skisprungzentrum ihre Feuertaufe und fiel durch die effiziente und zuverlässige Funktionsweise auf. Das alles trug dazu bei, dass diese doch sehr spezielle WM zu einem persönlichen Erfolg für uns wurde. Wir wissen nun, dass wir selbst bei widrigsten Bedingungen, die schlimmer nicht gehen, abliefern und tolle Wettkämpfe gewährleisten können.
Zum Schluss muss noch etwas Zeit sein, um DANKE zu sagen. Ich möchte mich bei dem Schanzenchef und seinem Team vor Ort sowie bei der FIS bedanken. Jeder setzt sich für den anderen ein und tut alles, um gemeinsam ein solides Produkt abzuliefern. Da stört es auch keinen, dass Tage dabei waren, an denen wir die ersten an der Schanze waren und die letzten, die abends das Licht ausmachten. Für diesen unermüdlichen Einsatz möchte ich mich bei meinem Team bedanken, ihr seid großartig! Ebenso möchte ich mich beim Organisationskomitee der WM für das Vertrauen bedanken. Ihr alle habt die Goldmedaille verdient!
Ich hoffe, wir sind den Erwartungen gerecht geworden. Wir sind stolz, dass wir einen kleinen Beitrag zum Gelingen dieser großartigen, durchnässten WM beigetragen durften. Wenn wir am letzten Tag nicht schon von Kopf bis Fuss durchnässt gewesen wären, hätte man vielleicht auch unsere nassen Augen gesehen, die wir bei der Schlusszeremonie hatten.
Euer Peter Riedel und Team